Fliegen die künstlichen Satelliten immer noch im "Modem-Internet"? Ja, Sie haben richtig gehört. Aber jetzt sollen die Satelliten endlich an Breitband angeschlossen werden.
Bild eines Waldbrandes in Kalifornien, aufgenommen vom Sentinel-2-Satelliten der Europäischen Weltraumbehörde | NASA Earth Observatory
Waldbrände breiten sich in Kalifornien aus. Feuerwehrleitungen staren auf die Wärmebildkarten, die von den Satelliten zurückgesandt werden, und versuchen, die Richtung des Feuers zu beurteilen. Dieses Bild ist jedoch bereits 20 Minuten alt.
In diesen 20 Minuten könnte die Feuerspitze bereits über den Gebirgskamm gewandert und ihre Richtung geändert haben. Die Einrichtung von Geräten und Personal basiert auf dieser veralteten Information. Diese schwierige Situation wird bald Geschichte sein.
SpaceX hat gerade angekündigt, dass kommerzielle Satellitenbetreiber bald den Laserkommunikationsdienst von Starlink nutzen können, wodurch die Datenverzögerung von durchschnittlich 20 Minuten auf fast Echtzeit reduziert wird.
Das klingt nur wie ein technischer Upgrade, aber es offenbart eine überraschende Tatsache: Die meisten künstlichen Satelliten sind die meiste Zeit tatsächlich in keinem Kontakt.
Die Satelliten im Weltraum nutzen noch immer "Dial-up-Internet"
Wir sind es gewohnt, dass unsere Mobiltelefone ständig online sind und neigen daher leicht zu der Annahme, dass auch die Satelliten im Weltraum rund um die Uhr vernetzt sind. Die Realität ist genau das Gegenteil. Die meisten Satelliten haben unterbrochene Kommunikation mit der Erde, während sie um die Erde kreisen. Sie können erst Daten übertragen und neue Befehle empfangen, wenn sie über einer Erderfassungsstation fliegen. Ähnlich wie beim alten Dial-up-Internet können sie nur dann Informationen senden und empfangen, wenn die Telefonleitung verbunden ist. Sobald sie vorbeifliegen, bricht das Signal ab.
Künstliche Satelliten können normalerweise nur dann Kontakt mit der Erde aufnehmen, wenn sie über einer Erderfassungsstation fliegen.
Die einzige Ausnahme ist die Internationale Raumstation. Sie nutzt den Service eines Datenrelais-Satellitenverbunds, der speziell von der US-amerikanischen NASA eingerichtet wurde, und kann so fast ununterbrochene Kommunikation aufrechterhalten. Dieses System ist jedoch sehr teuer und dient nur Regierungsaufgaben, wie z. B. der Raumstation und dem Hubble-Teleskop. Normale kommerzielle Satelliten können es sich nicht leisten. Die Auswirkungen dieser technologischen Kluft sind offensichtlich. Der Waldbrandüberwachungssatellit FireSat nimmt ein Feuer auf, aber das Bild muss im Satellitenspeicher gespeichert bleiben, bis er über einer Erderfassungsstation fliegt und das Bild heruntergeladen werden kann. Dies kann mehrere Minuten oder sogar Stunden dauern.
Bei Waldbränden kann jede Minute das Leben oder den Tod bedeuten.
Laser-Netzwerke: Satelliten werden zu Weltraum-Routern
Starlink hat diese Situation geändert. Ursprünglich war es ein Weltraum-Internet-Projekt, das Tausende von Satelliten in niedriger Umlaufbahn nutzt, um Breitbanddienste für Erdbevölkerung bereitzustellen. SpaceX hat jedoch Laserkommunikationsterminals zwischen den Satelliten installiert, sodass diese Satelliten Daten miteinander austauschen und ein weltweites Weltraumnetzwerk bilden können.
Starlink-Satelliten bilden ein Weltraumnetzwerk über Laserkommunikation | SpaceX
Die Leistung dieses Laserkommunikationssystems ist erstaunlich. Laut den von SpaceX veröffentlichten Daten kann ein einzelnes Mini-Laserterminal eine Übertragungsgeschwindigkeit von 25 Gbps über eine Entfernung von 4000 Kilometern erreichen. Ein High-Definiton-Film kann in wenigen Sekunden übertragen werden.
Das Wichtigste ist, dass die Laserkommunikation nicht durch die Regulierung des Funkfrequenzspektrums beschränkt ist. Bei der herkömmlichen Satellitenkommunikation gibt es strenge Frequenzzuweisungsvorschriften in jedem Land, was die Bandbreite einschränkt. Laser nutzen optische Kanäle und können theoretisch viel mehr Daten übertragen.
Laserkommunikationsterminals auf Starlink-Satelliten | SpaceX
Jetzt ist ein Startup namens "Muon Space" der erste, der diese Technologie nutzt. Sie haben angekündigt, Starlink-Laserterminals auf ihren eigenen Satelliten zu installieren. Mit einem Terminal kann ein Satellit 70 % bis 80 % der Zeit online bleiben; mit zwei Terminals kann er rund um die Uhr verbunden sein. Dies bedeutet, dass Satelliten erstmals wie Server auf der Erde auf Befehle sofort reagieren und Daten in Echtzeit zurücksenden können. Wie Greg Smirin, Präsident von Muon Space, sagt, werden Satelliten von isolierten Fluggeräten zu Echtzeitknoten im globalen Starlink-Netzwerk.
Was passiert, wenn wir von "Dial-up" zu Breitband wechseln?
Die Auswirkungen dieser Veränderung könnten weitreichender sein, als wir denken. Die direktesten Benefizienten sind Anwendungen, die eine hohe Echtzeitfähigkeit erfordern. Neben der Waldbrandüberwachung gibt es auch die Seerettung, die Schadensbewertung und die Vorhersage von Pflanzenkrankheiten und -schädlingen. In der Vergangenheit kamen die Satellitendaten oft zu spät; jetzt erreichen sie fast synchron.
Aber noch interessanter sind die Anwendungen, die bisher unmöglich waren. Zum Beispiel der Weltraum-Livestream. In der Geschichte konnten wir nur bei bemannten Weltraummissionen oder Raketenstarts Echtzeitbilder aus dem Weltraum sehen, da dazu teure Relais-Systeme eingesetzt werden mussten. Jetzt kann jeder Satellit mit einem Starlink-Terminal einen Livestream starten.
Hohe Auflösung der Echtzeitüberwachung der Erde und kontinuierliche meteorologische Beobachtungsvideos sind technisch kein Problem mehr. Space Xs eigenes Starship-Raketensystem nutzt bereits dieses System. Bei der jüngsten Testfahrt wurde der Eintritt des Starships in die Erdatmosphäre live gestreamt, und die Bilder durchdrangen die Plasma-Schicht um die Rakete. Dies war bisher unmöglich - Hochtemperaturplasma blockiert Funk-Signale und verursacht einen Kommunikationsausfall. Aber der Laser durchdrang diese Barriere.
Das Bild des Eintritts des Starships in die Erdatmosphäre bei der elften Testfahrt wurde über die Laserverbindung der Starlink-Satelliten übertragen | SpaceX
Eine noch radikalere Vorstellung ist die In-Orbit-AI-Berechnung. Da Satelliten ständig mit dem Netzwerk verbunden sein können, können sie theoretisch als Knoten eines Weltraum-Datenzentrums genutzt werden, um Daten direkt im Orbit zu verarbeiten und bei Bedarf die Rechenleistung der Erde zu nutzen. Dies kann die Menge der zu übertragenden Rohdaten erheblich reduzieren und einige Aufgaben, die eine hohe Echtzeitfähigkeit erfordern, möglich machen. Smirin nutzt eine sehr treffende Analogie: Es ist wie der Übergang vom Dial-up-Internet zum Breitband-Internet auf der Erde. Man weiß, dass es vieles verändern wird, aber es war damals unmöglich, vorherzusagen, welche Anwendungen entstehen würden. Das BBS wurde schnell abgelöst durch Streaming, soziale Netzwerke und Cloud Computing, was eine ganze neue Generation von Internet-Ekosystemen hervorgebracht hat.
Ein interessanter Detail
Das erste Satellit von Muon Space mit einem Laserterminal wird erst Anfang 2027 gestartet. Aber sie haben bereits viele kommerzielle Aufträge erhalten, und die Identität eines Kunden ist interessant:Die US-amerikanische National Reconnaissance Office. Diese Organisation ist der Spionsatelliten-Abteilung der US-Regierung. Sie haben angekündigt, Daten des Waldbrandüberwachungssatelliten FireSat zu kaufen. Offiziell handelt es sich um den Kauf eines Waldbrandüberwachungsdienstes, aber das Wärmebildsystem kann offensichtlich nicht nur Brände erkennen.
Mitarbeiter von Muon Space poseieren vor dem ersten FireSat-Satelliten, der im Jahr dieses Jahres gestartet wurde. Dieser Satellit hat noch kein Starlink-Laserterminal | Muon Space
Dies deutet auf ein Signal hin: Wenn kommerzielle Satelliten Echtzeit-Netzwerkfähigkeit haben, wird ihre Wertgrenze verschwommen. Ein Satellit, der ursprünglich für zivile Überwachung eingesetzt wurde, kann nach der Installation einer Hochgeschwindigkeitsdatenverbindung von der Nachrichtendienststelle interessiert werden. Die Technologie an sich ist neutral, aber ihre Verbreitung wird viele Spielregeln neu gestalten. Ein anderer Kunde von Muon Space ist die von Google unterstützte gemeinnützige Organisation "Global Fire Monitoring Center". Sie planen, bis 2030 50 FireSat-Satelliten zu starten, um ein globales Waldbrand-Warnnetz aufzubauen. Wenn jeder Satellit Daten in Echtzeit zurücksenden kann, wird die Reaktionsgeschwindigkeit dieses Netzwerks auf ein bisher nie dagewesenes Niveau steigen. Die Goldene Zeit zur Bekämpfung von Waldbränden beträgt oft nur wenige Stunden, und Echtzeitüberwachung kann tatsächlich viele Leben und Vermögen retten. Vor über einem Jahr absolvierte Space Xs Dragon-Spacecraft eine private Weltraumwanderung, bei der Menschen erstmals ohne die Beteiligung einer staatlichen Weltraumbehörde aus dem Raumschiff ausstiegen. Bei dieser Mission wurde auch eine andere Technologie getestet: Die Kommunikation mit der Erde über das Starlink-Netzwerk. Damals dachten viele, dass dies nur eine technische Validierung war, aber niemand hätte gedacht, dass es so schnell kommerziell genutzt werden würde.
Im September 2024 absolvierte der private Astronaut Jared Isaacman seinen ersten kommerziellen Weltraumgang im Rahmen der "Polaris Dawn"-Mission, die er selbst finanziert hat | SpaceX
Jetzt scheint die Bedeutung dieser Testfahrt weitaus größer zu sein. Sie hat bewiesen, dass es technisch möglich ist, eine Infrastruktur im Weltraum aufzubauen, die der Internet-Infrastruktur auf der Erde ähnelt. Und sobald diese Infrastruktur aufgebaut ist, wird sich die Arbeitsweise der gesamten Weltraumindustrie ändern. Wir erleben möglicherweise nicht nur ein Upgrade der Satellitenkommunikation, sondern auch die Verwandlung des Weltraums von einer fernen Welt, die man nur selten besucht, in einen nahen Nachbarn, mit dem man ständig in Kontakt bleiben kann. Diese Veränderung geschieht still und leise, aber ihre Auswirkungen werden lange anhalten.
Quelle: ArsTechnica
Quelle des Titelbildes: SpaceX
Dieser Artikel stammt aus dem WeChat-Account "Guokr42" (ID: Guokr42), geschrieben von Steed und mit Genehmigung von 36Kr veröffentlicht.