Die Wall Street macht einen großen Fehler: Sie betrachtet Tesla immer noch als Automobilunternehmen.
Tesla (TSLA) hat die Finanzberichte für das dritte Quartal 2025 letzte Woche veröffentlicht. Aufgrund eines starken Gewinnrückgangs und einer verschlechterten Marge ist der Aktienkurs des Unternehmens gefallen. Doch das spielt keine Rolle. Obwohl Teslas heutiges Automobilgeschäft unter dem Verlust von Steuersenkungen leidet, haben die Anleger ein wichtiges Signal verpasst: Tesla entzieht sich systematisch seiner Rolle als Automobilunternehmen.
Die Anleger sollten nicht nur auf die Verkaufszahlen der Autos schauen.
Tesla ist kein herkömmliches Automobilunternehmen wie Ford oder General Motors, sondern ein flexibles und sich ständig wandelndes Unternehmen. Durch umfangreiche Investitionen in die Technologie des autonomen Fahrens wandelt sich Tesla grundlegend in ein Robotikunternehmen um. Die traditionellen Konkurrenten, die diese entscheidende Transformation ignorieren, werden dafür bezahlen müssen.
Seit seiner Gründung im Jahr 2003 hat Tesla nach dem Prinzip der "disruptiven Innovation" operiert – indem es Produkte auf den Markt bringt, die zunächst schlechter abschneiden als die traditionellen Konkurrenten, aber schließlich die Marktdominanz erringen. So haben die Smartphones mit ihren Kameras dank ihrer Bequemlichkeit und ständigen Weiterentwicklung schließlich die Digitalkameras verdrängt.
Das Buch "The Innovator’s Dilemma" (Das Dilemma der Innovatoren) von Harvard-Professor Clayton Christensen, das 1997 erschien, erklärt dieses Phänomen perfekt. Er hat festgestellt, dass traditionelle Unternehmen oft die disruptive Innovation aus dem unteren Marktsegment ignorieren, bis es zu spät ist. Und Tesla ist genau ein solcher Disruptor. Während die Konkurrenten sich noch auf die "sustaining innovations" (fortführende Innovationen) verlassen, formt Tesla die Bereiche Verkehr, Energie und Robotik um.
Zweifellos wissen die Führungskräfte traditioneller Automobilunternehmen wie General Motors von der ultimaten Bedrohung, die Teslas "Full Self-Driving" (FSD)-Technologie darstellt, aber sie erkennen die Dringlichkeit nicht. Letzte Woche hat ein General Motors-Manager erklärt, dass sein Unternehmen sein "Hands-Free, Eyes-Free"-Autopilotprodukt möglicherweise erst 2028 auf den Markt bringen kann, während Teslas FSD-Technologie bereits jetzt eingesetzt wird.
Da die Konkurrenten wie General Motors auf Teslas FSD-Technologie keine wirksame Antwort geben können, schenken sie Tesla den Sieg bei der Transformation hin zu Elektromobilität. Dies ermöglicht es Tesla, sich vollständig umzuwandeln: Durch die Technologie des autonomen Fahrens wird das Auto zu einem grundlegenden Straßenroboter, der Daten sammeln kann. Diese Veränderung wird einen erheblichen Wettbewerbsvorteil darstellen.
Diese "Robotisierung" bildet auch die Grundlage für noch größere Visionen: Elektro-Lastzüge, futuristische Busse und das Projekt der humanoiden Roboter, von dem Elon Musk behauptet, dass es "80 % der zukünftigen Umsätze ausmachen wird". Die Transformation hin zu einer Robot-Plattform ist der erste Schritt für Tesla, um neue riesige Märkte zu erschließen.
Beurteilen Sie Tesla nicht mehr anhand der Standards traditioneller Automobilunternehmen. Der scheinbar "unrealistische Aufschlag" spiegelt seine Position als "disruptives Robotikunternehmen" wider, nicht seinen Wert als "Automobilunternehmen". Die Anleger sollten ihre Strategie entsprechend anpassen: Kluges Geld ignoriert das kurzfristige Rauschen des dritten Quartals und investiert lieber in "das Unternehmen, das das Smartphone entwickelt" anstatt in "das Unternehmen, das noch die Digitalkamera verbessert".
Der Autor dieses Artikels ist ein Mitarbeiter von Forbes. Die Ansichten in diesem Artikel stellen nur die Meinung des Autors dar.
Dieser Artikel ist übersetzt aus: https://www.forbes.com/sites/jonmarkman/2025/10/27/wall-street-still-thinks-tesla-makes-cars-thats-the-real-mistake/
Originaltitel: "Wall Street Still Thinks Tesla Makes Cars, That's the Real Mistake"
Dieser Artikel stammt aus dem WeChat-Account "Forbes" (ID: forbes_china), Autor: Jon Markman; Übersetzung: Björn & Rach; Korrektur: Lemin. Veröffentlicht von 36Kr mit Genehmigung.