StartseiteArtikel

Warum haben Menschen keinen "achten Sinn"?

神经现实2025-10-23 11:29
Vielleicht liegt die Grenze des Gedächtnisses nicht in der Nervenstruktur selbst, sondern in den mathematischen Gesetzen der Wahrnehmungsdimensionen.

Seit mehr als einem Jahrhundert suchen Neurowissenschaftler nach den physischen Spuren von Erinnerungen – der mysteriösen neuronalen Muster, die als „Engramm“ bezeichnet werden und die als Grundlage für die Kodierung von Erfahrungen im Gehirn angesehen werden. Jetzt haben die Forscher möglicherweise etwas noch Fascinierenderes entdeckt: einen mathematischen Grund, der möglicherweise erklärt, warum die menschliche Wahrnehmung und Erinnerung scheinbar auf eine bestimmte Grenze „abgestimmt“ sind.

In einer neuen Studie, die in „Scientific Report“ veröffentlicht wurde, haben Forscher von King's College London, der Loughborough University und der Skolkovo Institute of Science and Technology ein theoretisches Modell entwickelt, das zeigt, dass die Fähigkeit des Gehirns, Erinnerungen zu bilden und aufrechtzuerhalten, möglicherweise von der Anzahl der Dimensionen der „sensorischen Welt“ abhängt, die es wahrnimmt.

Die Ergebnisse zeigen, dass es eine „optimale Anzahl von sensorischen Dimensionen“ gibt – ungefähr sieben – an der die Effizienz der Speicherung von Erinnerungen ihren Höhepunkt erreicht und bei höheren Dimensionen beginnt zu sinken.

Die Forscher schreiben: „Ein interessantes Ergebnis des Modells ist, dass es darauf hindeutet, dass es in der Evolution von Nervensystemen oder nervenähnlichen Systemen eine ‚optimale Anzahl von Sensoren‘ gibt. Wenn die Anzahl der Sensoren sieben beträgt, ist die Kapazität des Konzeptraums am größten – das heißt, die Wahrnehmung der Außenwelt ist am reichhaltigsten, und die Anzahl der verschiedenen Konzepte, die aufbewahrt werden können, erreicht ebenfalls ihr Maximum.“

Das zentrale Problem dieser Studie ist: Wie viele Sensoren benötigt ein intelligentes System, um so viele Informationen wie möglich über seine Umgebung zu speichern?

Um dieses Problem zu untersuchen, haben die Forscher das von ihnen das sogenannte „Dynamikmodell der Engramme“ entwickelt. Dies sind mathematische Darstellungen, die zeigen, wie Erinnerungen in einem „Konzeptraum“ gebildet, verändert und verschwinden – dieser Raum kann als eine mehrdimensionale Karte der Erfahrungen verstanden werden. In diesem Modell verhält sich jedes Engramm fast wie ein „lebendiges“ Objekt, das sich je nach der Häufigkeit der Reize (z. B. visuell, auditiv, taktil usw.) ausdehnt, zusammenzieht oder verschmilzt.

Die Forscher schreiben: „Wenn jeder Merkmalskategorie ein Sensor entspricht, bedeutet diese kritische Dimension, dass ein System, das so viele verschiedene Konzepte wie möglich aufrechterhalten möchte, die optimale Anzahl von Sensoren genau dieser Dimension entspricht.“

Mit anderen Worten, wenn jeder Sensor eine Dimension in der Wahrnehmung repräsentiert, scheint es eine natürliche Grenze zu geben – sieben Dimensionen – jenseits dieser Grenze sinkt die Fähigkeit des Gehirns, verschiedene Konzepte voneinander zu unterscheiden.

Diese Studie basiert auf dem Konzept des „Engramms“, das der deutsche Biologe Richard Semon 1904 vorgeschlagen hat. Seit mehr als einem Jahrhundert versuchen Neurowissenschaftler durch Gehirnabbildung und optogenetische Experimente, diese neuronalen „Erinnerungsspuren“ im Gehirn zu finden und die bestimmten Neuronenpopulationen zu identifizieren, die bei der Erinnerung wieder aktiviert werden. Doch obwohl diese Studien gezeigt haben, wo Erinnerungen möglicherweise gespeichert sind, können sie nicht erklären, wie Erinnerungen sich im Laufe der Zeit entwickeln und miteinander konkurrieren.

Diese neue Studie schließt diese Lücke mit Mathematik. Die Forscher haben mithilfe von Monte - Carlo - Simulationen und analytischen Lösungen das dynamische Verhalten von Engrammen unter dauerhaften Reizen modelliert.

In der Simulation werden Erinnerungen gebildet, wenn mehrere sensorische Eindrücke zusammenkommen, und werden durch wiederholte Reize stärker; fehlen die Reize, zerstreuen und verwischen sie sich allmählich – wie in der metaphorischen „Vergesslichkeit“.

Dieser Wettlauf zwischen Erinnerung und Vergesslichkeit führt schließlich zu einem Gleichgewicht. Doch als das Forschungsteam die Engramme in Konzepträumen unterschiedlicher Dimensionen simulierte, fanden sie überraschende Ergebnisse.

Mit zunehmender Dimension steigt auch die Anzahl der einzigartigen Erinnerungen – bis zu einem gewissen Punkt. Nach der siebten Dimension beginnt die Speicherkapazität der Erinnerungen stattdessen zu sinken, da die Überlappung und das Rauschen zwischen verschiedenen Engrammen die Effizienz des Systems verringern.

Der Professor am Skolkovo Institute of Artificial Intelligence und Mitautor der Studie, Nikolai Brilliantov, sagte in einer Pressemitteilung: „Als wir die maximale Kapazität des Konzeptraums bei einer gegebenen Dimension betrachteten, haben wir überraschenderweise festgestellt, dass in einem stationären Zustand die Anzahl der verschiedenen Engramme in der Erinnerung bei sieben Dimensionen ihr Maximum erreicht. Daher nennen wir es die ‚Hypothese der sieben Sinne‘.“

Diese ‚kritische Dimension‘ enthüllt nicht nur den Mechanismus der Erinnerung, sondern könnte auch erklären, warum sich das biologische Sinnesystem so entwickelt hat, wie es ist.

Traditionell wird angenommen, dass der Mensch fünf Sinne hat – Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten – aber die Neurowissenschaft erkennt heute auch einige zusätzliche Sinne an, wie die Propriozeption (das Gefühl für die Körperposition) und das Gleichgewichtssinn (Equilibriozeption).

Die Vorstellung, dass die Kognition bei etwa sieben Eingaben ihren Höhepunkt erreicht, ist nicht neu. Der Psychologe George A. Miller sagte 1956, dass der Mensch im Durchschnitt etwa „sieben ± zwei“ Informations - Einheiten im Arbeitsgedächtnis halten kann. Dieses neue Modell liefert eine potenzielle physikalische und mathematische Grundlage für diese seit langem beobachtete kognitive Grenze.

Die Forscher weisen darauf hin, dass das Gleichgewicht zwischen Empfindlichkeit und Präzision – das heißt das Abwägen zwischen der Offenheit für neue Erfahrungen und der Aufrechterhaltung klarer Erinnerungen – möglicherweise ein allgemeines Prinzip widerspiegelt. Hohe empfindliche Systeme neigen dazu, unklare, überlappende Erinnerungen zu bilden; zu selektive Systeme hingegen können neue Erfahrungen verpassen.

Die Forscher schreiben: „Je höher die Empfindlichkeit, desto unklarer sind die gelernten Konzepte.“ Sie vergleichen diese Spannung mit dem „Bias - Varianz - Trade - off“ in der maschinellen Lernweise, ein System muss ein Gleichgewicht zwischen der Generalisierungsfähigkeit und der Überanpassung finden.

Biologisch gesehen deutet diese Entdeckung darauf hin, dass die Evolution die menschlichen Sinnesfähigkeiten möglicherweise auf einen optimalen Punkt „abgestimmt“ hat – an dem die Effizienz der Wahrnehmung, des Lernens und der Erinnerung alle maximal sind. Das Hinzufügen von mehr Sensoren oder sensorischen Dimensionen würde nicht unbedingt die Kognition verbessern, sondern könnte das Konzeptraum des Gehirns überlasten und zu Störungen zwischen den Erinnerungen führen.

Dieser „Dynamikrahmen der Engramme“ könnte auch die Bereiche der künstlichen Intelligenz und der nervenähnlichen Berechnung inspirieren – in diesen Bereichen muss auch ein System, das das Gedächtnisystem des biologischen Gehirns nachahmt, ein Gleichgewicht zwischen der Flexibilität des Lernens und der Stabilität der Informationen finden. Ein KI - System mit zu vielen Eingangskanälen könnte wie ein Gehirn, das die optimale Anzahl von sensorischen Dimensionen überschreitet, an „Informationssättigung“ und Verwirrung leiden.

Die Forscher schreiben: „Neben der Entdeckung und Bestätigung der Existenz einer kritischen Dimension im Konzeptraum könnte das vorgeschlagene Dynamikmodell der Engramme auch neue Interpretationen für bestehende und zukünftige empirische Daten liefern. Beispielsweise könnte das Verschmelzungs - und Spaltungsmechanismus der Engramme durch Experimente getestet werden.“

Sie schlagen vor, dass Wissenschaftler durch das Präsentieren einer Reihe von sensorischen Reizen an Probanden und das Messen der Unterscheidbarkeit ihrer Engramme in der Realität die Variablen des Modells schätzen können, wie die Lernrate und die Vergesslichkeitsrate.

Schließlich bietet diese Studie eine verlockende Perspektive: Die Struktur der menschlichen Wahrnehmung – die Art und Weise, wie wir sehen, hören, anfassen und uns im Gleichgewicht halten – könnte möglicherweise nicht nur das Ergebnis der biologischen Evolution sein, sondern auch die tiefen mathematischen Gesetze widerspiegeln, die das Gedächtnisystem regeln.

Dr. Brilliantov fügt hinzu: „Unsere Schlussfolgerungen sind natürlich noch spekulativ, wenn sie auf die menschlichen Sinne angewendet werden, aber wer weiß? Mögliche zukünftige Menschen könnten tatsächlich die Fähigkeit entwickeln, Strahlung oder Magnetfelder wahrzunehmen.“

Referenzen

Otieno, W., Tyukin, I.Y. & Brilliantov, N. The critical dimension of memory engrams and an optimal number of senses. Sci Rep 15, 29972 (2025). https://doi.org/10.1038/s41598-025-11244-y

Originaltext:

https://thedebrief.org/forget-the-sixth-sense-new-study-says-the-human-brain-may-be-wired-for-seven-senses

Dieser Artikel stammt aus dem WeChat-Account „Neureality“ (ID: neureality), Autor: Tim McMillan, Übersetzer: EY, veröffentlicht von 36Kr mit Genehmigung.