Zukunft der Verbrennungsmotorfahrzeuge: Die EU gerät in Zwickmühle.
Die EU plant, Gesetze zu erlassen, um Mietwagenfirmen und große Unternehmen von 2030 an zu zwingen, nur reine Elektromobile zu beschaffen, um so den Prozess des Verbots des Verkaufs von herkömmlichen Benzin- und Dieselautos bis 2035 zu beschleunigen. Diese Politik stößt jedoch auf heftigen Widerspruch der deutschen Regierung. Hinter diesem Widerspruch stehen auch die Kollektivumkehr von Automobilherstellern und Mietwagenriesen, sowie die Realitätsprobleme wie die unzureichende Ladeinfrastruktur und die sinkende Akzeptanz der Verbraucher.
Am 21. Juli hat der deutsche Bundeskanzler Merz die von der EU vorgeschlagene Pläne öffentlich kritisiert und erklärt, dass diese Pläne die wichtige Automobilindustrie der EU schädigen könnten.
Medienberichte zufolge plant die Europäische Kommission, ab 2030 Mietwagenfirmen und große Unternehmen zu verbieten, Nicht-Elektromobile für ihre Fuhrparke zu kaufen. Dies würde 60 % des Neuwagenmarktes in der EU betreffen, was einem Marktvolumen von etwa 6,4 Millionen Fahrzeugen pro Jahr entspricht. Dieser Plan gilt als Schlüsselschritt zur Beschleunigung des Plans der EU, bis 2035 den Verkauf von Benzin- und Dieselautos vollständig zu verbieten.
Berichten zufolge ist der Politikentwurf bereits in die interne Beratungsphase eingetreten und soll Ende Sommer 2025 offiziell veröffentlicht und dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt werden. Laut den offen gelegten Details werden Mietwagenriesen wie Sixt SE und Europcar Mobility Group SA sowie große Unternehmen mit Fuhrparken nur noch auf die Beschaffung von Elektromobilen beschränkt sein.
Im März 2025 hatte die EU bereits signalisiert, Steuervergünstigungen für Unternehmensfuhrparke mit Benzin- oder Dieselantrieb zu ergreifen, um so den Übergang von Unternehmensfuhrparken zu Elektromobilen zu beschleunigen.
Die Automobilindustrie ist einer der wichtigen Pfeiler der EU-Wirtschaft. Sie macht 7 % des BIP (Bruttoinlandsprodukts) der EU aus und bietet rund 14 Millionen Arbeitsplätze, was 6,1 % der Gesamtbeschäftigten in der EU entspricht.
Der Verkauf von Benzinautos hat in der EU weiterhin den ersten Platz. Nach den Daten von 2024 hat der herkömmliche Benzinmarktanteil 33,3 %. Hybridfahrzeuge und Elektromobile machen jeweils 30,9 % und 13,6 % des gesamten Neuwagenverkaufs im Jahr aus.
Hinter diesem Hintergrund befinden sich die Automobilhersteller in einer Zwickmühle. Einerseits hat die Elektrifizierung die Schlüsseltechnologien des herkömmlichen Autos umgeworfen und sich in großen Märkten wie China und den USA bewährt. Sie gilt als Schlüssel für die zukünftige Automobiltechnologiekonkurrenz. Andererseits verläuft die Verbreitung von Elektromobilen nicht so schnell wie erwartet, und die Schwierigkeiten sind beträchtlich.
Vor diesem Hintergrund beginnen die Akteure der Automobilindustrie, ihre zuvor festgelegten Ziele für den Verkaufsstop von herkömmlichen Benzin- und Dieselautos neu zu justieren und mit einem flexiblen Ansatz, der verschiedene Energieträger kombiniert, auf die Marktbedürfnisse zu reagieren.
Warum sollten sie sich aktiv umwandeln, obwohl sie die Technologie für Benzin- und Dieselautos beherrschen?
Warum treibt die EU (insbesondere die Automobilindustrie in Deutschland, Italien, Frankreich usw.), die traditionell Vorteile in der Verbrennungsmotortechnologie hat, aktiv den Plan voran, ab 2035 den Verkauf von Benzin- und Dieselautos zu verbieten und sich für die Elektrifizierung umzuwandeln?
Mit der Verlagerung des globalen Automobilwettbewerbszentrums hat sich das Schwergewicht der Automobiltechnologie von den herkömmlichen Motoren und Getrieben hin zu Systemintegrationstrends wie den dreiteiligen Elektrosystemen, intelligenten Cockpits, Assistenzsystemen und der gesamten Fahrzeug-Elektrischen Architektur und Plattformierung verschoben. Die Verbrennungsmotortechnologie ist ein traditioneller Vorteil der EU, während die Elektrifizierung und Intelligenz der Schlüssel für die zukünftige Konkurrenz sind.
Im Prozess der Elektrifizierungstransformation steht die Automobilindustrie der EU vor heftigen Herausforderungen von chinesischen und US-amerikanischen Automobilherstellern. China ist der weltweit größte Hersteller von Elektromobilen, und seine Produktion macht 70 % der globalen Produktion aus. Laut den Handelsdaten der EU-Automobilindustrie war China 2024 mit einem Importvolumen von 12,7 Milliarden Euro der größte Importlieferant von Autos in die EU. Die EU hat angegeben, dass der Import von Autos aus China zwischen 2019 und 2024 um 1.591,3 % gestiegen ist.
Dieser Anstieg ist auf die starke Leistung der chinesischen Elektromobilindustrie zurückzuführen. Im ersten Halbjahr 2024 betrug die Exportmenge chinesischer Elektromobile 1,8 Millionen Fahrzeuge, wobei der Anteil des europäischen Marktes über 35 % betrug. Aufgrund der EU-Antisubventionszölle und der hohen US-Zölle hat sich der chinesische Export verlangsamt, aber der Ausbau von Produktionsstätten im Ausland hat beschleunigt. Beispielsweise hat BYD im Mai dieses Jahres angekündigt, seine Europahauptniederlassung in Ungarn zu eröffnen. Die Produktion soll 2026 beginnen, und die Kapazität wird auf 150.000 Fahrzeuge pro Jahr geplant. Es werden hauptsächlich hochwertige Elektromodelle für den europäischen Markt hergestellt. Dies wird den Raum für europäische Marken weiter einschränken.
Darüber hinaus hat China die Dominanz in der Lieferkette für Elektromobile. 2024 war China der weltweit führende Batteriehersteller, und sein Anteil an der globalen Batteriezufuhr lag über 75 %. Gleichzeitig hat der durchschnittliche Preis chinesischer Batterien am schnellsten gefallen, um fast 30 %. Chinesische Batterien sind um über 30 % bzw. 20 % billiger als die in Europa und Nordamerika hergestellten Batterien.
Daraus ist ersichtlich, dass die EU die Initiative auf dem globalen Markt verlieren könnte, wenn sie sich an den Verbrennungsmotor halten würde.
Zusätzlich ist die Klimapolitik der EU ein wichtiger Grund für ihre Elektrifizierungstransformation. Die EU hat in dem „Europäischen Klimagesetz“ das langfristige Ziel festgelegt, bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen, und das Ziel, bis 2030 im Vergleich zu 1990 die Emissionen um 55 % zu reduzieren, als wichtiges mittelfristiges Ziel festgelegt. Die Unternehmensfuhrparke mit Benzin- oder Dieselantrieb bremsen jedoch den grünen Transformationsprozess der EU. Im ersten Halbjahr 2024 machten reine Elektromobile 13,8 % aller neu zugelassenen Pkw in der EU aus. Bei den Unternehmensfuhrparken lag dieser Anteil nur bei 12,4 %.
Deshalb gilt der Übergang von Unternehmensfuhrparken zu Elektromobilen als Schlüsselschritt zur Beschleunigung des Plans. Laut den Daten der Europäischen Kommission macht der Verkauf von Unternehmensfuhrparken derzeit etwa 60 % des Neuwagenmarktes in der EU aus.
Die Zwangsbeschaffung von Elektromobilen durch Unternehmen ist eine Schlüsselstrategie der EU, um die Transformation des gesamten Elektromarktes anzustoßen und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Dies kann nicht nur die Emissionsreduktion verbessern, sondern auch die Skalierung der Elektromobilindustrie fördern und die Akzeptanz der Verbraucher für Elektromobile beschleunigen.
Ständige Widerstände: Industriereaktionen, Infrastrukturengpässe und Marktzurückgang
Obwohl der neue Vorschlag noch nicht offiziell veröffentlicht wurde, wächst der Widerstand in der Branche stetig.
Einige Europaparlamentarier haben vor den Auswirkungen der von der EU geplanten Zwangsmaßnahme gewarnt. Aufgrund der unzureichenden Ladeinfrastruktur, der hohen Reparaturkosten und des geringen Restwerts von Gebrauchtwagen haben Unternehmen wie Enterprise, Hertz und Sixt 2024 die Anzahl ihrer reinen Elektromobile reduziert.
Der Europaparlamentarier Max Felber hat die Europäische Kommission sogar aufgefordert, den Plan aufzugeben. In einem Brief an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat er darauf hingewiesen, dass Unternehmen bei Einführung dieser Regelung Elektromobile nur zwingend beschaffen würden, um die Quote zu erreichen.
Der Chefexecutiv von Sixt, Nico Gabriel, hat ebenfalls gewarnt, dass der Plan „unrealistisch“ sei. Touristen seien selten bereit, Elektromobile zu mieten, da es in der gesamten EU einen starken Mangel an Ladesäulen gebe und die Mietkosten schließlich höher werden würden.
Laut den Daten der Europäischen Automobilherstellervereinigung (ACEA) ist der Verkauf von Elektromobilen in Europa 2024 um 5,9 % gesunken. Die Entwicklung hat die Erwartungen nicht erfüllt, und der Marktanteil von Elektromobilen ist von 14,16 % im Jahr 2023 auf 12 % im Jahr 2024 gesunken. Weniger als 30 % der europäischen Verbraucher wählen Elektromobile.
Die ACEA hat angegeben, dass die begrenzte Ladeinfrastruktur ein Teil der Ursache für die schwache Nachfrage nach Elektromobilen sei. Die plötzliche Abschaffung der Subventionen für Elektromobile in Deutschland sowie der Mangel an preisgünstigen Elektromodellen haben ebenfalls zum Absinken des Verkaufs beigetragen.
Der Leiter des Fahrzeugs- und Energiesystems einer nordeuropäischen Luxusautomarke hat der Zeitschrift „Caixin“ mitgeteilt, dass die Infrastrukturentwicklung für Ladesäulen eine ausreichende Ressourcenbasis erfordere. Es handle sich nicht nur um finanzielle Investitionen, sondern auch um das Durchdringen des Geschäftsmodells und die Unterstützung durch verschiedene Politiken. Dies übersteige oft die Fähigkeiten von Automobilunternehmen und sogar regionalen Regierungen.
Darüber hinaus haben einige Automobilriesen aufgrund des schwachen Elektromarktes in Europa ihre Pläne für die „vollständige Elektrifizierung“ aufgegeben oder verschoben.
Neulich hat Klaus von Moltke, der leitende Vizepräsident für die Motorenproduktion der BMW Group, in einem Interview klar gesagt: „Der Verbrennungsmotor ist unsere Grundlage.“ Der globale CEO von Audi, Gernot Döllner, hat in einem Interview ebenfalls angegeben, dass Audi kein deutsches Ende für die Forschung und den Verkauf von Verbrennungsmotoren festlegen werde. Vorher haben mehrere Luxusautomarken wie Mercedes, Volvo, Porsche usw. die Verschiebung ihrer Elektrifizierungspläne angekündigt.
Die niedrigere als erwartete Marktbedürfnis ist ein wichtiger Grund für die Verlangsamung des Elektromobilitätsfortschritts der Automobilhersteller. Cigdem Cerit, leitende Direktorin für Unternehmensbewertungen in der EU bei der Ratingagentur Fitch Ratings, hat angegeben: Zu den Gründen, warum die Verbraucher ungern Elektromobile kaufen, gehören die Angst vor der Reichweite von Elektromobilen und die begrenzte Verbreitung der Ladeinfrastruktur. Darüber hinaus beschränken das Problem der Preiswürdigkeit und die Geschwindigkeit der technologischen Veränderungen die Verbreitung von Elektromobilen weiter.
Unter dem Aspekt des Umsatzes sind Benzin- und Dieselautos immer noch sehr profitabel. Stephen Brown, leitender Direktor für Unternehmensbewertungen in Nordamerika bei Fitch Ratings, hat angegeben, dass der Verkaufsvolumen von Benzin- und Dieselautos groß genug sei und die Lieferkette ausgereift genug, was diese Autos lukrativer mache.
Die Einstellung der EU-Automobilhersteller gegenüber dem Elektromobilitätsfortschritt ist sehr komplex. Ein deutscher CEO einer Luxusautomarke hat der Zeitschrift „Caixin“ klar gesagt, dass sein Unternehmen nicht nur auf eine Seite setzen würde, sondern parallel an verschiedenen Wegen wie Benzin- und Dieselautos, Hybridfahrzeugen, Wasserstofffahrzeugen und reinen Elektromobilen arbeiten würde. Nur so könne man die Bedürfnisse der Verbraucher befriedigen und den Verbrauchern die Wahlmöglichkeit geben.
Vor der unklaren und schwankenden Politik wählen sowohl die Automobilhersteller als auch die Zulieferer eine flexible und vielfältige Strategie, um auf die Zukunft vorbereitet zu sein.
Nach Ansicht von Matias Giarnini, dem Chefexecutiv von Horse Powertrain, eröffne sich dadurch eine neue Geschäftsmöglichkeit. Das Unternehmen habe sich entschieden, auf mehreren Ebenen zu agieren, indem es hochleistungsfähige Verbrennungsmotoren, Hybridsysteme und Getriebe entwickelt und auch die OEMs (Automobilhersteller) bei ihrer Konzentration auf die reine Elektrifizierung unterstützt, um so die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden in verschiedenen Regionen zu befriedigen.
Cigdem Cerit von Fitch Ratings hat seine Prognose für den Zeitplan der vollständigen Elektrifizierung der EU-Automobilhersteller gegeben. Er schätzt, dass bis 2030 reine Elektromobile, Hybridfahrzeuge und Plug-in-Hybridfahrzeuge von europäisch-amerikanischen Automobilherstellern mehr als die Hälfte des Neuwagenverkaufs ausmachen werden.
Die Schwankungen der EU-Automobilhersteller offenbaren die Kluft zwischen Ideal und Realität: Wenn die Klimaziele auf die industrielle Grundlage, die Infrastrukturengpässe und die Marktgesetze stoßen, müssen die Politikgestaltung und die Automobilentwicklung einen neuen dynamischen Ausgleich finden.
Dieser Artikel stammt aus dem WeChat-Account „Caixin Auto“. Autor: Li Jiayi, Redakteur: Li Xiyin. Veröffentlicht von 36Kr mit Genehmigung.