Europäische Elektromobile befinden sich in einer Zwickmühle.
Die Europäische Föderation für Verkehr und Umwelt (European Federation for Transport and Environment, kurz: T & E) hat kürzlich einen Forschungsbericht mit dem Titel „Europäische Automobilindustrie steht vor einer Entscheidung“ veröffentlicht. Der Bericht weist darauf hin, dass die europäische Automobilindustrie sich an einem entscheidenden Wendepunkt befindet. Die Beschleunigung oder Verzögerung des Antrags auf ein Verbrennungsmotorbann wird die gesamte Branche in völlig unterschiedliche Richtungen führen.
Einerseits ist ein deutlicher Absatzrückgang von Elektromobilen in Europa zu verzeichnen. Laut den Daten der Europäischen Automobilindustrie-Verband (ACEA) sank der Absatz von Elektromobilen in der EU im Jahr 2024 um 5,9 %. Darüber hinaus steht die Branche diesem Jahr vor der Bedrohung von Zöllenerhöhungen durch die Trump-Regierung. Da reine Elektromobile seit langem schlecht verkauft werden, wird der Plan, bis 2035 in den 27 EU-Staaten den Verkauf von Verbrennungsmotorfahrzeugen einzustellen, erneut in Frage gestellt.
Andererseits könnte die Automobilbranche in ganz Europa bei einem Verzicht auf das Ziel des Verbrennungsmotorbanns in der EU bis 2035 ohne jegliche Gegenmaßnahmen bis zu 1 Million Arbeitsplätze verlieren. Der Großteil der Bemühungen um eine emissionsfreie Mobilität würde vergeblich sein, und die Investitionen in die neue Energiewirtschaft, wie z. B. in Batterien, würden um bis zu zwei Drittel einbrechen.
Es ist weder vorwärts noch rückwärts möglich.
Die EU befindet sich in einer schwierigen Situation bei der strategischen Transformation hin zu Elektromobilität. Aufgrund des schwachen Absatzes von reinen Elektromobilen haben viele Automobilhersteller ihre kurz- und mittelfristigen Absatzziele herabgesetzt. Dies hat die EU dazu gezwungen, die CO₂-Emissionsziele zu lockern. Dennoch beharrt die EU bisher auf dem festgelegten Plan, bis 2035 den Verkauf von fossilen Kraftfahrzeugen vollständig zu verbieten.
Der Bericht der T & E spricht eindeutig für die Fortsetzung des Verbrennungsmotorbanns. Der Bericht besagt, dass die europäische Automobilindustrie bei Einhaltung der Klimaziele bis 2035 und der Umsetzung von Übergangspolitiken das Potenzial hat, wieder auf eine Jahresproduktion von 16,8 Millionen neuen Fahrzeugen zu kommen, was dem Spitzenwert nach der Wirtschaftskrise 2008 entspricht.
Kurz gesagt, würden die irreversiblen Kosten sehr hoch sein, wenn der Verbrennungsmotorbann abgebrochen würde, und es gäbe auch das Risiko eines massiven Arbeitsplatzverlusts. Laut den Daten der T & E würde der Beitrag der Automobilindustrie zur europäischen Wirtschaft bis 2035 um 11 % steigen, wenn die EU das Ziel des Verbrennungsmotorbanns bis 2035 einhält und ein Paket von Politiken zur Förderung der neuen Industrieketten umsetzt.
Beschäftigung und Wertschöpfung in der Branche
Der Bericht der T & E liefert einige wichtige Zahlen, um die Fortsetzung des Verbrennungsmotorbanns zu begründen:
Wenn die EU den Verbrennungsmotorbann bis 2030 durchsetzen kann, könnten die Arbeitsplatzverluste in der herkömmlichen Automobilproduktion durch die Schaffung von über 100.000 Arbeitsplätzen in neuen Bereichen der Elektromobilität, wie z. B. in der Batterieproduktion, kompensiert werden. Bis 2035 würde die Anzahl der Arbeitsplätze in der neuen Energiewirtschaft der Automobilindustrie auf 120.000 steigen, vor allem in der Batterie- und Elektromotorproduktion.
Wenn Europa eine Batterieproduktionskapazität von über 900 GWh sicherstellt, können über 100.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Bis 2035 würde die Anzahl der Arbeitsplätze auf 120.000 steigen. Darüber hinaus würde die wirtschaftliche Leistung der Batterieindustrie um das Fünffache steigen und auf 79 Milliarden Euro ankommen.
Der Bericht weist darauf hin, dass der wirtschaftliche Beitrag der Automobilindustrie bis 2035 um 90 Milliarden Euro (etwa 758 Milliarden Yuan) sinken könnte, wenn das festgelegte Ziel des Verbrennungsmotorbanns abgeschwächt oder die EU-Politik unsicher wird und es fehlt an einem umfassenden Plan für die industrielle Transformation. Der wirtschaftliche Beitrag des Lademarktes würde um insgesamt 20 Millionen Euro (etwa 168 Millionen Yuan) einbrechen.
Die T & E hat eine Studie zu 13 neuen Elektromobilprojekten in Europa durchgeführt. Fünf dieser Projekte sind neue Elektromobilwerke, die anderen acht sind Umbauprojekte von bestehenden Verbrennungsmotorfahrzeugproduktionslinien.
Wenn alle Projekte erfolgreich umgesetzt werden, wird Europa jährlich um mindestens 2,1 Millionen Elektromobile an Produktionskapazität zunehmen. Bis 2027 könnte die Gesamtproduktion auf 5,1 Millionen Fahrzeuge steigen, was dem wachsenden Marktbedarf gerecht wird. Dieser Wert wird auf der Grundlage der Jahresproduktion von 1,8 Millionen Fahrzeugen in ganz Europa im Jahr 2024 erreicht. Die T & E hat festgestellt, dass die Verkaufszahlen von reinen Elektromobilen in Europa (einschließlich der EU, Großbritanniens, der Staaten des Europäischen Freihandelsrates und Serbiens) im Jahr 2024 bei etwa 2 Millionen lagen, während die Produktion nahezu 1,8 Millionen betrug.
Aber aufgrund der Unsicherheit des zukünftigen Marktverlaufs und der Politik besteht das Risiko, dass einige Projekte verzögert oder sogar abgebrochen werden. Die T & E hat alle 13 Projekte anhand von vier Schlüsselkriterien bewertet, darunter der Projektstatus (Verzögerung/Start/Testphase), der Baufortschritt (nicht begonnen/im Bau/fertiggestellt), die Festlegung des Standorts und die Zusage von staatlichen Subventionen. Basierend auf den Bewertungsergebnissen wurden die 13 Projekte in drei Risikoklassen (niedrig, mittel, hoch) eingeteilt, um die Wahrscheinlichkeit der Investitionseingliederung widerzuspiegeln.
Zu den Projekten mit niedrigem Risiko gehören die neue BMW-Fabrik in Ungarn und die neue Volvo-Fabrik in der Slowakei. Die Fabriken von Stellantis in Serbien sowie die von Volkswagen und Chery in Spanien werden aus bestehenden Verbrennungsmotorfahrzeugproduktionsanlagen umgebaut. Insgesamt werden diese Projekte eine jährliche Produktionskapazität von 550.000 Elektromobilen schaffen, was Investitionen in Höhe von etwa 4,8 Milliarden Euro und mindestens 5.550 Arbeitsplätzen zur Folge hat.
Die Projekte mit mittlerem Risiko haben insgesamt eine geplante Jahresproduktionskapazität von 1,2 Millionen Fahrzeugen, Investitionen in Höhe von 9,3 Milliarden Euro und können 11.000 Arbeitsplätze sichern. Das größte Projekt in der Liste ist die neue Fabrik von BYD in Szeged, Ungarn, mit Investitionen in Höhe von 4 Milliarden Euro. Danach folgt das Umbauprojekt der Seat-Volkswagen-Fabrik in Spanien mit kumulierten Investitionen von 3 Milliarden Euro. Die in Großbritannien befindlichen Produktionsstätten von Jaguar Land Rover und Nissan, die derzeit modernisiert werden, sollen zusammen jährlich 250.000 Elektromobile produzieren, was der Planung der Volvo-Fabrik in Göteborg entspricht.
Die drei Projekte mit hohem Risiko befinden sich noch in der frühen Entwicklungsphase oder es besteht Unsicherheit über die endgültige Investitionsentscheidung oder den Starttermin. Dazu gehört auch das aufgeschobene Projekt zur Elektromodernisierung der MINI-Fabrik in Oxford von BMW im Wert von 700 Millionen Euro sowie der Plan zur Gründung einer Joint Venture-Fabrik von Renault und Jiangling in Serbien.
Batterien und Infrastruktur
Neben der Automobilherstellung müssen auch die enormen Investitionen in Schlüsselkomponenten wie Batterien in Bezug auf die irreversiblen Kosten und die strategische Neuausrichtung abgewogen werden.
Nach Angaben von Bloomberg New Energy Finance (BNEF) liefert China derzeit etwa 80 % der Weltproduktion von Lithium-Ionen-Batterien. Sechs der weltweit zehn größten Hersteller von Elektromobilen-Batterien kommen aus China. Europa hat 36 Milliarden US-Dollar (etwa 232 Milliarden Yuan) in die Entwicklung von Fahrzeugbatterien investiert. Doch 12 der 16 einheimischen Batteriefabriken sind bereits produktionsverzögert oder wurden abgebrochen, was eine besorgniserregende Situation darstellt.
Die einst als „Hoffnungsträger der europäischen Batterieindustrie“ gefeierte nordische Batteriefirma Northvolt hat in Schweden Insolvenzschutz beantragt und nach Investitionen in Höhe von 14 Milliarden US-Dollar (etwa 100 Milliarden Yuan) ignominiös aus dem Markt gefallen. Dies markiert einen großen Rückschlag für Europas Ambitionen, in der Batterieproduktion China zu überholen. Northvolt ist jedoch nur ein Beispiel für die teuren Bemühungen Europas in der Batterieindustrie. In den letzten Jahren hat Europa auch in andere Batterieunternehmen investiert und langsam eine eigene Batteriespeicher-Industriekette aufgebaut. Ein Abbruch dieser Bemühungen würde die Transformation der europäischen Automobilindustrie noch schwerer treffen.
Ähnlich wie bei den Elektromobilprojekten hat die T & E auch die Batteriefabriken in Europa anhand mehrerer Schlüsselkriterien bewertet. Die Daten zeigen:
Die Batteriefabriken mit niedrigem Risiko haben bereits das nötige Kapital und sind bereits im Bau oder teilweise in Betrieb. Sie werden Europa eine jährliche Produktionskapazität von 391 GWh bringen, was Investitionen in Höhe von 39 Milliarden Euro und bis zu 43.000 neue Arbeitsplätze in der Technikbranche bedeutet. Dazu gehören die ACC-Fabrik in Douvrain, Frankreich, und das Volkswagen PowerCo-Projekt in Salzgitter, Deutschland.
Die Projekte mit mittlerem Risiko haben noch keine endgültige Investitionsentscheidung und sind daher noch nicht gestartet. Dies ist derzeit die größte Kategorie in der europäischen Batteriebranche, mit einer jährlichen Produktionskapazität von 627 GWh, Investitionen in Höhe von 48 Milliarden Euro und 47.000 potenziellen Arbeitsplätzen. Im Vergleich zu den Projekten mit niedrigem Risiko gibt es bei diesen Fabriken viele Unsicherheiten. Ein Beispiel ist die spanische Batteriefabrik Basquevolt, deren Großteil der Produktionskapazität in neue Bereiche wie Festkörperbatterien gehen soll.
Die Projekte mit hohem Risiko befinden sich noch in der Konzeptphase oder in der Genehmigungsphase. Obwohl sie insgesamt eine jährliche Produktionskapazität von 410 GWh, Investitionen in Höhe von 21 Milliarden Euro und 37.000 Arbeitsplätze umfassen, hängt ihre Umsetzung vollständig von der zukünftigen Industriepolitik ab.
Die T & E analysiert, dass die einheimische Produktionskapazität in Europa im Jahr 2030 etwa zwei Drittel des heimischen Batteriebedarfs decken könnte, wenn man die tatsächlichen erwarteten Ausbeuten (nicht die theoretische Kapazität) betrachtet.
Wenn jedoch nur die Projekte mit niedrigem Risiko realisiert werden, würde dieser Anteil auf 24 % sinken, weit unter dem Ziel der EU von 40 % Eigenversorgung bis 2030. Wenn man die Projekte mit mittlerem Risiko hinzunimmt, würde die Eigenversorgung auf 52 % steigen, was aber immer noch unter den früheren Schätzungen der T & E und der EU liegt. Aufgrund von globalen und EU-spezifischen Faktoren (wie mangelnder staatlicher Unterstützung) besteht bei vielen Batterieprojekten das Risiko von Absagen oder Verzögerungen.
Take Spanien als Beispiel: In Bezug auf die staatliche Unterstützung hat das Land großes Entwicklungspotenzial und plant, bis 2030 eine Jahresproduktionskapazität von 244 GWh zu erreichen. Doch nur 13 % dieser Kapazität fallen in die Kategorie der Projekte mit niedrigem Risiko. Der Großteil der Produktionskapazität hängt immer noch von der zukünftigen Politik ab.
Im Vergleich dazu haben Polen und Ungarn eine klarere Entwicklungsperspektive. Die Produktionskapazität mit niedrigem Risiko beträgt in Polen 115 GWh und in Ungarn 125 GWh. Obwohl Polen derzeit keine Pläne für neue Fabriken hat, könnte Ungarn noch weitere 90 GWh an Produktionskapazität hinzufügen und könnte in Zukunft zum neuen Zentrum der europäischen Elektromobilindustrie werden.
Frankreich und Deutschland, die wichtigsten Automobilwirtschaften Europas, befinden sich in der Batterieproduktion in einer mittleren Position. Die Gesamtproduktionskapazität beider Länder beträgt über 35